Warum Glaubensbaustelle?
Ich hatte mal ein Glaubenshaus. Gut durchkonstruiert und wohnlich gestaltet. Es war gebaut worden unter Anleitung, mit Material, das mitgeliefert wurde, und dazu stellte man eine imposante
Riege von Anleitern und Helfern bereit. Mein eigener Beitrag war lediglich, mich beim Bau exakt an die Anleitung zu halten und Rat nur von der Herstellerfirma anzunehmen.
Und natürlich war das Fundament schon gelegt, sodass ich ausschließlich dort bauen konnte. Das Ergebnis gefiel mir, und es störte mich überhaupt nicht, dass in diesem Haus auch das Leben
selbst größtenteils von anderen bestimmt wurde.
Irgendwann begann ich das als zu eng zu empfinden - auch deshalb, weil ich Teile meiner eigenen Persönlichkeit im Keller eingelagert und vergessen hatte. Ich suchte zusammen, was ich davon noch finden konnte und machte mich aus dem, woraus wir alle geschaffen sind: Staub. Ich will jetzt aber niemanden mit einer Lebensgeschichte langweilen, die eh nur diejenigen interessieren würde, die einen ähnlichen Weg gegangen sind.
Solltest du so jemand sein, empfehle ich die Geschichte von dem, "der sein Verlies verließ und sich im Nebel fand". Gibt's in Buchhandlungen und online-shops, z.B. hier. Und
hier eine Leseprobe.
ISBN: 9783735781451
Das Buch versucht - ohne Schuldzuweisungen und Abrechnungsfantasien - im selbstironischen Rückblick auf die geistigen Wurzeln des Autors den Konflikt aufzuzeigen, der sich oft ergibt, wenn tiefsitzende frühe Prägungen auf neue Sichtweisen stoßen, die man früher als falsch oder wenigstens schädlich eingestuft hat.
Dann kann man vielleicht auch besser verstehen, was es mit dem Glauben als Baustelle auf sich hat.
Glaubenshaus - zurück, rein, raus oder was?
Auf diesen Seiten hier geht es mir mehr um den Aspekt eines Glaubenshauses, an dem durch den Umgang mit Wissensanreicherung, Austausch und Erfahrung kontinuierlich weitergebaut wird. Sollte es jemals fertig werden, wünschte ich mir, es wüchse trotzdem weiterhin mit, um neuen und größeren Anforderungen gerecht werden zu können.
Zunächst aber hatte ich nach dem Verlassen des Gebäudes kein Interesse an einem neuen geistigen Domizil, sondern genoss für einige sehr turbulente Jahre meine scheinbare Freiheit. "Scheinbar", denn ich habe nur etwas, das ich als Gefängnis empfunden hatte, durch ein anderes ausgetauscht, das durch mein abwechslungsreiches Nomaden-Dasein einfach nicht als solches zu erkennen war.
Als mir das bewusst wurde, wuchs in mir der Drang, wieder ein Dach über dem Kopf zu haben, und zwar das altvertraute, durch professionelle Wächter gut behütete.
Ich rede natürlich von Vorgängen, die in mir selbst stattfanden, daher musste ich nicht lange suchen, sondern nur ein Türchen meiner Erinnerung öffnen. Es war nicht sehr einladend, was ich dort fand. Dieses Bild, das ich vor Jahren mal an unserem Lieblingsurlaubsort geschossen habe, mag einen Eindruck davon vermitteln, was ich sah.
Kein Dach mehr, das vor Regen schützen würde, keine Fenster, die man nach Bedarf öffnen und schließen konnte, und Wildwuchs innen und außen. Dort anzusetzen, um etwas weit Zurückliegendes wiederherzustellen, empfand ich schon beim bloßen Gedanken daran als Überforderung. Also machte ich mich gemeinsam mit meiner Frau auf die Suche nach einem neuen "Haus".
Wir fanden einiges, was größtenteils aus ähnlichen Materialien gefertigt zu sein schien, aber auch ein wenig das Gefühl vermittelte, es handelte sich um eine Art möblierte Wohnung, an deren
Gestaltung wir keinen Anteil mehr haben konnten. Das ist natürlich angenehm und bequem, und es scheint alles vorhanden zu sein, was man benötigt, sogar die früher vermisste Gedankenfreiheit, aber
irgendetwas schien immer nicht zu stimmen. Mehr ein Gefühl als etwas wirklich Greifbares. Wahrscheinlich resultierte dieses Gefühl aus der Konfrontation alter Prägungen mit für uns völlig neuen
und vor allem abweichenden Sichtweisen auf Gott und Jesus.
Mit diesen neu gewonnenen Erfahrungen nochmal zurück zu unserem eigenen Ursprung, woraus dann eine permanente innere Auseinandersetzung resultierte, die nicht unwesentlich zu
unserem unsteten Umgang mit dem Glauben beigetragen hat. Ein jahrelanger Prozess, der nicht unwesentlich zu den Liedern beigetragen hat.
Ein Beispiellied dazu findet ihr hier.
Das soll für den Moment genügen. Später gibt's mehr dazu.
Wenn Menschen die Suche behindern
"Du glaubst doch an Gott. Was gibt es denn da noch zu suchen?". Klingt nach einer berechtigten Frage. Wenn "an jemanden glauben" gleichbedeutend wäre mit „ihn haben“, müsste ich wohlzustimmen.
Das ist vergleichbar mit der „Wahrheit“. Manche behaupten „in ihr“ zu sein und behandeln diesen Begriff, als ginge es darum, sie zu besitzen: „Ich habe die Wahrheit“. Als beschriebe das Wort eine Art Haus, in das man einfach nur hineingehen müsste, um einen Besitzanteil zu erlangen. Sie benutzen diesen Anspruch dazu, andere davon zu überzeugen, einzutreten und sich vollständig dem in diesem Haus gepflegten Umgang miteinander und mit der dort festgeschriebenen Denkweise zu identifizieren. Folgte man der Behauptung, jenes Haus sei von Gott gebaut worden, hätte man ihn gefunden, und müsste im Rahmen jener Einheit sein weiteres Leben führen - was ein weiteres Lernen natürlich nicht ausschließt.
Klingt nachvollziehbar und auch recht einfach. Über dem Portal dieses Hauses könnte stehen: „Hier ist das Leben. Tritt ein, sieh was wir tun, tu es ebenso, dann wirst du leben“. Du hast ein Zuhause, Geborgenheit in der Menge, und eine sinnvolle Arbeit, in der du gemeinsam mit anderen geschult wirst - die wiederum gut auf dich aufpassen, dass du dieses Haus nicht durch eigenwillige Tendenzen wieder verlassen musst, indem du etwa Lehren bezweifelst, die „die Wahrheit“ sind. Wahrheit also als Lehre.
So kann ich Gott nicht sehen, obwohl es sehr verlockend erscheinen mag, den Glauben an einem Konformismus festzumachen, der das Gefühl beschert, liebevoll an- und aufgenommen und integriert worden zu sein. Im Grunde bedeutet diese Art von Wahrheitsverständnis, dass man nicht nur die eingesammelten Menschen in diesem Haus einsperrt, sondern auch Gott selbst. Man holt ihn herunter in die eigene kleine Gedankenwelt und verpackt ihn in menschliche Klischees des Glaubens. Wenn man einen derart reduzierten Gott gefunden hat, und nur im vorgesteckten Rahmen suchen darf – was man kaum wirklich als Suche bezeichnen kann – besteht kaum eine Chance, in seine – Gottes - Tiefen vorzudringen. Die Tiefe des