Wieso Baustelle?
Es geht auf diesen Seiten um konstruktives Zweifeln. Betonung auf "konstruktiv", weil man mit Zweifel meist eher die Vorstellung von Misstrauen und Unglauben verbindet, eine grundsätzlich
negative Haltung. Glauben und Zweifeln scheinen sich von vornherein im Denken vieler Leute - vornehmlich der gläubigen - gegenseitig auszuschließen. Mit den Gedanken dazu gehe ich je nach
aktueller Laune recht unterschiedlich um.
Einerseits beschäftigen mich einige Fragen so sehr, dass ich mich tiefer - und für Manche zugegebenermaßen etwas weitschweifig - damit auseinanderzusetzen versuche. Die Weitschweifigkeit ist der Tatsache geschuldet, dass man mit vielen Widersprüchen konfrontiert wird, wenn man sich mit dem Gemisch aus traditinellen Lehren und einem reformatorischen Geist befasst. Man kommt auch mitunter nicht an sektiererisch anmutendem Gedankengut vorbei, weil man dort ebenfalls auf gute Argumente stoßen kann.
Andererseits bin ich als Songschreiber geneigt, mich auf den Pfad der Gefühle zu begeben, und mich den Gedanken in Liedform zu widmen. Dafür habe ich eine "Musikecke" eingerichet, in der ich Lieder vorstelle, die im Laufe einiger Jahre
entstanden sind, und sich autobiografisch mit den Erfahrungen befassen, die ein Leben in fragender Haltung so mit sich bringt. Sie stehen zum Gratisdownload bereit, wozu ich dort noch etwas
Allgemeines zu bemerken habe.
Ich verstehe Glauben als ein Synonym für Vertrauen und Zuversicht. Das muss nicht zwangsläufig religiös definiert sein. Wer sich ein Ziel setzt, in welchem Bereich auch immer, wird sich Schritte überlegen, Für und Wider abwägen, das Angestrebte visualisieren und wenn klar ist, dass alles bedacht wurde, losgehen. Idealerweise wird ab diesem Moment der Entscheidung nichts mehr hinterfragt, keine Ablenkung zugelassen, sondern einfach mit dem Ziel vor Augen ein Schritt vor den anderen gesetzt - vielleicht einer Bergwanderung vergleichbar, die zum Ziel hat, den Gipfel zu erreichen.
In der Theorie absolut nachvollziehbar, in der Praxis wird aber jeder Weg - manchmal auch das Ziel selbst - durch nicht bedachte Ereignisse oder neue Erfahrungen relativiert und verlangt weitere Entscheidungen. Warum erwarten so viele im Glauben erfahrene Menschen, dass man Zweifel - in aller Konsequenz - nicht zulässt? Würde das nicht bedeuten, jegliches Dazulernen von vornherein abzublocken?
Um nicht zu theoretisch zu bleiben: Ich versuche in dieser Einleitung den Grund für die "Glaubensbaustelle" zu erklären. Ich höre mitunter den Einwand, dass man am Glauben sicher arbeiten, zielgerichtete Aufbautätigkeit betreiben muss, dass aber Zweifel bei dieser Arbeit kontraproduktiv sind. Ich räume ein: Wenn ich einem Menschen begegne, der sich ein persönliches Ziel gesetzt hat, werde ich sicher nicht versuchen, ihn durcheinander zu bringen, indem ich Zweifel in sein Herz und Denken säe - außer ich erkenne deutlich, dass er sich und/oder anderen damit schadet.
Diese Baustelle will aber nicht Lebensentwürfe eines Mitmenschen und auch nicht irgendjemandes Glauben kritisieren. Was mich bewegt, ist der Missbrauch, der mit diesem sensiblen und sehr persönlichen Lebensbereich betrieben werden kann und auch wird. Es macht einen großen Unterschied aus, ob man in eine Gemeinschaft gerät, wo man voneinander lernt, aneinander wächst, sich gegenseitig behilflich ist, Schwächen aufzudecken und zu besiegen, oder ob die Gläubigen in ein System integriert werden, das absolute Anpassung verlangt - sich einfügen in Strukturen, die aus Traditionen im Zusammenwirken mit menschlicher Autorität zu einem nicht mehr zu hinterfragenden Glaubensbekenntnis gleichsam in Stein gehauen worden sind.
Mir ist durchaus bewusst, dass es im christlichen Glauben mit dem ich mich hier auseinanderzusetzen versuche, nicht vorrangig um eigene Befindlichkeiten und Ideale geht, sondern um den, dem man bei gewissen Gelegenheiten gemeinschaftlich die Bitte vorlegt, dass u.a. Sein Wille geschehe. Da unser eigener Wille sich nicht immer zwangsläufig mit dem Seinen deckt, setzt eine solche Bitte natürlich die Bereitschaft voraus, dazuzulernen und umzudenken.
Ich werde mich hier anhand eigener Erfahrungen in Verbindung mit Glauben, glaubenden Menschen - Einzelpersonen und Gruppen - den Fragen stellen, die sich mir stellen. Gott sagt uns in der Bibel wiederholt, wir sollen ihn suchen, und dieser Vorgang ist mir zu individuell, als dass ich die Suche in die Hände von Leuten lege, die behaupten, die berufsmäßige Kompetenz oder das Wissen und die von Gott verliehene Autorität zu besitzen, Menschen zu führen.
Zweifel vs. Einfalt
Das Gegenstück zu einer zweifelnden Einstellung ist eine einfältige Solche. Wenn man sich darauf beruft, was Jakobus über Zweifel sagt, dann sage ich: ihm geht es darum, im Glauben an Gottes Zusagen an einer Lebensentscheidung festzuhalten und sich nicht beständig selbst zu verunsichern.
Wenn ich erkannt habe, dass es ohne Zweifel keine Wahrheitsfindung gibt, entscheide ich mich dafür, den Zweifel als Grundhaltung ernstzunehmen. Ich zweifle nicht daran, dass ohne Zweifel eine Weiterentwicklung unmöglich ist. Jesus ermuntert uns mit den Worten: "Was für Menschen unmöglich ist, ist für Gott möglich." Wenn mir also jemand weismachen will, dass Zweifel es unmöglich machen, Gott zu finden, dann sage ich: Gott findet viele Wege sich jedem entsprechend seiner Einstellung mitzuteilen, und was ist mehr geeignet, eine von Gott selbst in der Schrift angeregte Suche zu leben, als Dinge zu hinterfragen? Ich muss also differenzieren, wenn ich über Zweifel nachdenke oder gar spreche.
Was mich zu dieser Schlussfolgerung gebracht hat, war unter anderem mein Umgang mit der Schrift und der Inspiration überhaupt. Wenn mir Gedanken kommen, die sich als eine solche Berührung anfühlen, denke ich nicht, dass nun alle Gedanken, die ich denke, richtig sind. So sehe ich das auch in Bezug auf die Chroniken und Glaubenserfahrungen, die in der Bibel dokumentiert sind. Menschen schrieben in dem Bewusstsein, von Gott geleitet worden zu sein, aber sie gebrauchten eigene Worte und eigene Gedanken und Formulierungen, also will ich beim Lesen lernen, den feinen Unterschied auszumachen zwischen Menschengedanken und Gotteswort.
Natürlich birgt das das Risiko, sich das Beste auszusuchen, und sich ein Gottesbild nach eigenem Geschmack zu formen. Solche Einstellungsfragen kann man aber unter Gebet lösen. Jesus bezeichnet sich als die Wahrheit in Person, und ihm sind alle Schätze der Weisheit verborgen, schreibt Paulus. Ein Verständnis seines Denkens und Handelns hilft, Dokumente der Geschichte des biblischen Volkes einzuordnen und zu analysieren. Dazu zählt, dass er der kultischen Religion eine Absage erteilt hat, ebenso wie dem Nationalismus. Das auszuarbeiten und nachvollziehbar zu begründen, ist für mich das Menschenunmögliche, das durch und bei Gott möglich ist.
"Richtiges" Zweifeln
Eine ganz bestimmte Form des Zweifelns hat Jesus in der Bergpredigt selbst angeregt: "Ihr habt gehört, dass gesagt wurde, ...; ich aber sage euch, ...".
Man spricht von Zweiflern, die den Glauben schwächen, und denkt dabei an Atheisten, die über Glaubende und ihre Dummheit herziehen. Aber andere Meinungen und Widerstand können ein Gegenwind sein, an dem man wächst, an Stärke zunimmt.
Meine Zweifel, soweit sie bei anderen Menschen ihren Ursprung haben, sind durch Gläubige, auch und besonders durch Christen verursacht. Nicht von den Christen, sondern von einigen Solchen. Es gibt die, die der Beschreibung Jesu entsprechen, dass ihr Weg steinig und beschwerlich ist, weshalb nur wenige darauf gehen. Da sind aber auch andere, durch die das Christentum zu einer Massenbewegung mutiert ist, durch die das Wort Jesu von einer Schafherde, die sich seiner Führung und seines Schutzes erfreut, eine völlig andere Bedeutung bekommt.
Aber wie könnten gläubige Menschen eine Ursache für Zweifel sein? Daraus kann ich mehrere Themen entwickeln, und wenn andere damit nichts anfangen können, so hilft es doch mir selbst, mich meinen Fragen aufklärerisch zu nähern.
Die Lieder, die ich unter "neue Songs" abgelegt habe, beschäftigen sich alle mit unterschiedlichen Bereichen meiner Suche - und auch ein wenig "finden " ist dabei. Wie alle anderen musikalschen Ergüsse hier zu finden, und zum Gratisdownload bereit.
Aber natürlich sind Lieder kein ausreichendes Mittel, sich tiefer mit Zweifeln und den Gründen dafür auseinanderzusetzen. Auch als theologischer Laie bin ich in der Lage, über das nachzudenken, was mir bei den unterschiedlichen Arten, wie Menschen und bestimmte Denominationen mit dem Glauben und seinen Inhalten umgehen, auffällt, und berechtigt, meinen diesbezüglichen Zweifeln Ausdruck zu verleihen.
Als erstes fällt mir dabei der Umgang mit dem Begriff "Wahrheit" ein.
Ich habe die Wahrheit!
Was für eine Aussage. Sie impliziert:"Du hast sie nicht, wenn sie sich nicht mit meiner deckt".
Woraus resultiert diese Einstellung, sich in der Lehre derart von anderen abgrenzen zu müssen?
Was kann das bei Menschen auslösen, die - oft aufgrund mangelnder Einblicke in einem bestimmten Breich - zunächst nachvollziehbar finden, was ihnen gesagt wird, sich dieser Behauptung anschließen, aber nachdenklich werden, wenn sie sich im Laufe der Zeit ein breiteres Wissen aneignen?
Kann man unter gewissen Voraussetzungen nachvollziehen, was jemanden zu einer solchen Aussage treibt, und warum er sogar - wie z.B. die Päpste - einen exklusiven Stellvertreterstatus für sich in Anspruch nimmt?
Es geht mir hier nur um den Begriff der Wahrheit, wie er in der Religion benutzt wird, und meine eigenen Erfahrungen mit dem Gebrauch (und Missbrauch) dieses vielseitigen Wortes sind wesentlicher Bestandteil der Gründe, warum es diese "Glaubensbaustelle" gibt.
Es ergaben sich zwangsläufig Fragen, die eine Suche in Gang setzten, die spannend und wachstumsfördernd war, die einen Weg herausarbeitete, an dem ich zur Orientierung viele Meilensteine setzen konnte.
Zum besseren Verständnis unter "warum Suche?" zunächst etwas mehr.
Und hier ein Lied zu dem glaubensvollen Umgang mit Zweifeln.
Wie es weitergehen soll
Da ich gerade dabei bin, diese Seite nach neuen Kriterien umzugestalten, wird es hier nach und nach Erweiterungen geben, denn die Suche nach Gott ist für mich nichts, was ich jemals als
abgeschlossen betrachten werde. An ihn zu glauben, ihn also auf eine gewisse Weise gefunden zu haben, heißt ja nicht, dass man schon alles weiß. Wenn man nicht jemand ist, dem es genügt, eine
traditionelle Wochenendbeziehung zu oder mit Gott zu pflegen, wird man den Drang haben, ihm immer näher zu kommen, und dazu bedarf es wachsender Erkenntnis durch Lesen, Austausch und Erfahrung -
und vor allem: Gebet.
Bis hierher erstmal. Danke für die Aufmerksamkeit.